ARD und ZDF verlagern Produktionen aus Steuergründen ins Ausland und richten Schaden an

07.06.2025

Auch die gern als Event- und Highlight-Fernsehen angepriesenen Großserien, mit denen sich ARD und ZDF als Hochglanzprogramme profilieren, sind keineswegs „Made in Germany“. Die zweite Staffel von „Der Palast“ im ZDF über den Friedrichstadt-Palast in Berlin wurde 2024 größtenteils in Polen gedreht, im Jahr zuvor liefen die Dreharbeiten für die vierte Runde der gefeierten Serie „Charité“ in Portugal, die von „Oktoberfest 1905“ fanden vor einem Jahr hauptsächlich in Belgien (jeweils ARD) statt. Der Reigen lässt sich um die ZDF-Eventserie „Der Schwarm“ (größtenteils Italien), die Biopics über den Jeanserfinder Levi Strauss (ARD, Italien) und Eislaufikone Kati Witt (ZDF, Tschechien) fortsetzen, um nur die bekanntesten zu nennen.

Hauptgründe für das bevorzugte Produzieren von deutschen Sendern, aber auch von Filmschaffenden im europäischen Ausland, sind nicht Know-how und eine herausragende Infrastruktur, dies gibt es alles auch in Deutschland, sondern die großzügige staatliche Förderung. Ein automatisches steuerliches Anreizsystem (tax incentive) gibt es trotz jahrelanger vollmundiger Ankündigungen der Politik in Deutschland bisher nicht. Kurz erläutert, könnten bei diesem Anreizsystem Produzenten und Dienstleister bei Produktionen einen eigenständigen, nicht gedeckelten Anspruch auf eine Steuervergütung in Höhe von 30 Prozent der Produktionskosten geltend machen, die aus den Einnahmen der Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer finanziert würde. Das Beratungsunternehmen Deloitte hat im Auftrag des Branchenverbandes Bitkom schon 2022 festgestellt, dass ein Steueranreizmodell ausschließlich positive Effekte auf den Filmstandort Deutschland haben würde. Für jeden Euro, der an steuerlichen Anreizen gezahlt wird, fallen laut Deloitte statistisch bis zu drei Euro Steuermehreinnahmen an („Multiplikatoreffekte“).

Solange es ein solches Anreizsystem in Deutschland nicht gibt, das in seltener Eintracht alle Branchenverbände für einen Gamechanger halten und seit Jahren vehement fordern, rauscht die Produktion von TV-Serien und Kinofilmen am heimischen Markt vorbei in Länder wie Spanien, Italien, Polen, Ungarn, Tschechien oder eben Österreich.

Wie katastrophal die Stimmung hierzulande unter den zumeist kleinen und mittelständischen Film- und TV-Dienstleistern aus den Bereichen Studio, Equipmentverleih sowie Postproduktion Bild und Ton ist, zeigt eine Umfrage des Verbandes Technischer Betriebe für Film und Fernsehen (VTFF). Beim „Herbstbarometer 2024“ bezeichneten 58 Prozent der befragten Betriebe ihre wirtschaftliche Situation als „eher schlecht“ oder gar als „sehr schlecht“. Für das laufende Jahr erwarten fast 70 Prozent stagnierende bis deutlich sinkende Renditen. Das zumeist leise Sterben der technisch-kreativen Dienstleister hat bereits eingesetzt.

Quelle: MSN
Bild: © ARD/BR/ARD Degeto Film/MDR/Zeits

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